– Zeitungsproduktion in Österreich –
Täglich lesen mehr als fünf Millionen Menschen in Österreich Zeitung. Für manche ist ein morgendliches Ritual, für andere nur ein Zeitvertreib in der U-Bahn. Doch was passiert eigentlich mit diesen fünf Millionen Zeitungen, die am Ende des Tages ihr Eintagsfliegen-ähnliches Dasein gefristet haben und im Altpapier landen?
Gefahren bei Bleichung
Grundsätzlich verrottet Zeitungspapier nach ein paar Monaten von selbst, ohne der Umwelt größeren Schaden zuzufügen. Nicht einmal die verwendete Druckerfarbe ist äußert umweltschädlich, da traditionelle Druckerschwärze meistens aus völlig ungiftigem Graphit besteht. Auch andere, völlig ungefährliche Stoffe kommen hier zum Einsatz, so wird beispielsweise Sojaöl für die, auf Öl basierende Druckerfarbe verwendet. Auch die Bindemittel, die dafür sorgen, dass die Farbe am Papier hält, sind nicht toxisch und weitgehend umweltverträglich. Hier wird meistens Kunstharz verwendet. Nur beim Recyceln, vor allem beim Bleichen des Papiers, werden Chemikalien, wie Peroxide und Hydrosulfite eingesetzt, die sehr schädlich für Menschen, Tiere und Pflanzen sind.
Nichtsdestotrotz wird das Papier fast zu 100% recycelt. Dies ermöglicht Einsparungen an Rohmaterialien wie Holz und Zellstoff. Außerdem verbraucht man damit rund dreimal weniger Energie und Wasser als die Herstellung von sogenanntem Frischfaserpapier.
Was nach dem Mistkübel passiert
Der Recyclingprozess beginnt mit dem Sammeln der weggeschmissenen Zeitungen, die dann zusammen mit Zeitschriften und Illustrierten zu einer Recyclingstelle gebracht werden. Hierbei übernimmt größtenteils die ARA (Altstoff Recycling Austria) die Wiederverwertung. Das Altpapier wird mittels der sogenannten Wiederaufschlämmung in einem Wasserbad in die einzelnen Papierfasern zerlegt. Anschließend wird es von Fremdköpern entfernt und durch den Einsatz von verschiedenen Chemikalien gereinigt, entfärbt und gebleicht. Der somit entstandene Faserbrei kann nun wieder zur Herstellung von Papier verwendet werden.
Eine einzelne Papierfaser kann allerdings nicht unendlich oft recycelt werden, da sich diese durch die vielen Reinigungsprozesse stark verkürzt. Durchschnittlich lässt sich Papier bis zu sieben Mal recyceln. Deshalb werden zu dem Faserbrei aus Altpapier auch neue Fasern untergemischt. Somit enthält recyceltes Papier, das unter dem Namen „100% Altpapier“ vertrieben werden darf, real oft nur 80% Altpapier. Papier, das tatsächlich nur aus Altpapier besteht, wird mit dem Umweltzeichen „Blauer Engel“ zertifiziert.
Nachhaltigkeit & Sinn?
Die Frage ist jedoch, wie sinnvoll es ist, heutzutage überhaupt noch Zeitungen drucken zu lassen. Rund 58% der Österreicher nutzt täglich das Internet um zuhause (!) Zeitung zu lesen. Darüberhinaus besitzt ein Drittel der Menschen in Österreich ein internetfähiges Mobiltelefon, womit sie immer und überall auf die aktuellsten Nachrichten in aller Welt zugreifen können. Viele Tageszeitungen stellen bereits einen Großteil ihrer Artikel, die täglich in gedruckter Form erscheinen, auch auf eine eigene Website online. Auf diese kann jeder zugreifen, meistens sogar gratis. Manche Tageszeitungen gehen sogar soweit, dass sie eine eigene Online-Redaktion besitzen. Ein Beispiel dafür wäre „Der Standard“ oder der „Kurier“ mit dem „Kinderkurier“, der nur im Internet zu finden ist. Außerdem gibt es zahlreiche Apps für Smartphones und Tablet-Computer, mit denen man in Sekundenschnelle auf die jeweilige Homepage verlinkt wird. Meistens kann man damit sogar auf besondere Features zurückgreifen, wie zum Beispiel Videoberichterstattungen. Für Menschen die auf das klassische Design einer Zeitung wert legen wird oft sogar ein „ePaper“ angeboten (sozusagen die digitalisierte Version der Print-Ausgabe). Außerdem ist es durch das Internet möglich, jederzeit Artikel zu aktualisieren und neue Nachrichten sofort und ohne Umstände zu veröffentlichen. Einen Redaktionsschluss gibt es im Web nicht.
Darüberhinaus ist die Nutzung des Internets um einiges umweltfreundlicher als die altmodische Variante. Da nichts mehr bedruckt werden müsste, würden weder Papier noch Druckerfarbe verschwendet und riesige Druckmaschinen würden nicht mehr gebraucht werden. Die dabei entstehenden Abfallprodukte, Strom – und Platzverbrauch würden stark reduziert werden. Wobei die Serverfarmen der Websites natürlich auch viel Energie-Ressourcen verbrauchen. Hinzu kommt der Arbeitsplatz-Aspekt: In der heimischen Druck- und Zeitungszustellungsbranche sind viele tausend Menschen beschäftigt, von denen natürlich ein Großteil ihren Job verlieren würde. Ein zweischneidiges Schwer also.
Die Österreicher sind fleißige Wiederverwerter
Altpapier hat in Österreich einen sehr hohen Stellenwert, was sich positiv auf die Menge an recyceltem Papier auswirkt. Jährlich werden in Österreichs Haushalten rund 583 Tausend Tonnen Altpapier gesammelt, die österreichische Papierindustrie kommt laut Austropapier (Vereinigung der österreichischen Papierindustrie) sogar auf knapp 2,4 Millionen Tonnen im Jahr. Die Recyclingquote beträgt in Österreich aktuell 112 Prozent. Das bedeutet, dass die Wiederverwertung von Papier durch die Österreichische Papierindustrie höher ist als der gesamte Neupapierverbrauch durch die Konsumenten. Trotzdem muss Altpapier meistens sogar noch importiert werden, um den hohen Bedarf abdecken zu können. Im Jahr 2006 kamen 1,2 Millionen Tonnen Papiermüll aus dem Ausland, der größte Lieferant ist hier Deutschland.
Zum Autor:
Tobias Grießler ist freier Redakteur bei Medieninsider.at. Als Spezialist für Biologie und Chemie beschäftigt er sich hauptsächlich mit Querverbindungen zwischen Medien und Umwelt.
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