ORF-Psychologin und Buchautorin Elke Prochazka im Interview
Mehr als 100.000 Beratungen führte die großteils vom ORF finanzierte Hotline „Rat auf Draht“ im Jahr 2010 durch. Die Psychologinnen helfen den jungen Erwachsenen bei großen Themen wie Sexualität und Liebeskummer, aber auch in rechtlichen Fragen und schulischen Angelegenheiten stehen die „147“-Experten mit Tipps zur Seite. Wir blickten hinter die Kulissen von „Rat auf Draht“, österreichs wichtigster Telefonhotline für Problemen aller Art von Kindern und Jugendlichen.
Die Hotline „Rat auf Draht“ ging aus einer gleichnamigen TV-Sendung aus dem Jahr 1987 hervor, die Kinder animieren sollte sich mit ihren Problemen an Experten zu wenden. Nach fünf Jahren wurde die Sendung eingestellt und ging in eine Beratungshotline über. Derzeit sind insgesamt 14 Psychologinnen, Psychotherapeutinnen, Juristen, Pädagoginnenund Lebens- und Sozialberaterinnen sowie die Leiterin Birgit Satke bei „Rat auf Draht“ tätig. Sie kümmern sich gemeinsam um Telefon- und Onlineberatung, Website und Facebook-Fanpage. Der Notruf inklusive multimedialer Dienste für Kinder, Jugendliche und deren Bezugspersonen wird großteils vom ORF und den Bundesländern finanziert. Partner sind unter anderem Minsiterien, Safer Internet sowien Infoscreen.
Beliebte Beratungsthemen
Bei „Rat auf Draht“-Hotline 147 gibt es insgesamt acht Warteplätze, die nach der Anrufszeit gereiht sind und danach abgearbeitet werden. Normalerweise dauert eine Beratung nicht länger als eine halbe Stunde, in Krisen- und Extremfällen, wie zum Beispiel bei Suizid-Gefahr kann eine Beratung aber schon einmal zwei Stunden dauern. „Die wichtigsten Themen im Teenie-Leben sind Liebe und Sexualität“, weiß die langjährige „Rat auf Draht“-Psychologin Elke Prochazka. In ihren fünf bis sechsstündigen Diensten beratet sie von Liebeskummer über Probleme mit Eltern bis hin zu rechtlichen Fragen ein breit gefächertes Beratungsspektrum. „Im Jahr 2010 machten wir zirka 16.000 Beratungen zu sexuellen Themen, 2.500 Anfragen kamen zu Problemen mit Erwachsenen. Fragen zu Drogen, Problemen mit Lehrern und den neuen Medien sind eher selten,“ erzählt sie uns. Überraschend an letzter Stelle der Top 30 Beratungsthemen findet sich Alkohol mit nur 259 Beratungen 2010. Erschreckend fanden wir, dass mehr als einmal am Tag eine Anfrage zum Thema Sexueller Missbrauch und Vergewaltigung das „Rat auf Draht“-Psychologinnenteam erreicht.
Onlineberatungen beliebt
„Die meisten Anfragen kommen nach wie vor telefonisch“, erklärt Prochazka. „Das liegt zum einen daran, dass die Hotline 24-Stunden am Tag besetzt ist und kostenlos (auch ohne Guthaben am Wertkarten-Handy) aus ganz Österreich erreichbar ist. Zusätzlich scheint die Nummer nicht auf der Handyrechnung auf – womit absolute Anonymität gewährt wird.“ Aber der Online-Bereich ist am aufsteigenden Ast. Neben der erfolgreichen Website rataufdraht.orf.at (mit hunderten Artikeln und rund 4.100 Onlineberatungen im Jahr 2010) wird seit letztem Jahr auch mit dem Social Network Facebook gearbeitet. Im Monat besuchen rund 30.000 User die Facebook-Fanpage, auf der nützliche Tipps für das tägliche Teenager-Leben mit Links und Videos gepostet werden. Beachtlich sind auch die – trotz Hemmschwelle durch öffentliche Einsicht – 2.700 Likes, die aber nicht primär notwendig sind. Denn auch ohne Like sieht man als User sämtliche Inhalte und kann auch hier anonym an der Community teilhaben.
Doch durch das Internet hat sich überraschend wenig beim Wissen der Teenager verändert. „Klassiker wie >Beim ersten Mal kann man nicht schwanger werden< halten sich nach wie vor hartnäckig. Aber auch Wissen zu HIV und ähnlichem fehlt den Kids. Dass Wikipedia und Co hilft um sich Allgemeinwissen anzueignen merken wir nur sehr bedingt.“
Problemfall Scherzanruf
Zwei Prozent der Kontakte zur „Rat auf Draht“-Hotline sind Blitzableiter (=Scherzanrufe). Doch manchmal ist es schwer herauszufinden ob es sich um ein echtes oder fiktives Problem handelt. „Wir hören oft >Ich bin schwanger<. Oft handelt es sich nur um einen Hoax. Trotzdem muss man natürlich jeden Anrufer ernst nehmen und mit der Erfahrung die man sich über die Jahre angeeignet hat kann man relativ schnell die Information übers Telefon herausfiltern,“ erzählt Prochazka.
Schwierigkeit im Beruf
Elke Prochazka ist nicht nur Telefonberaterin sondern übernimmt auch einen Großteil der repräsentativen TV- und Radio-Auftritte von Rat auf Draht im ORF. Die größte Schwierigkeit sieht sie aber dennoch in den Beratungen. Angst vor Vorwürfen der „Patienten“ hat sie allerdings nicht. Denn die Psychologen arbeiten mit der Rodgers-Methode und beraten ressourcenorientiert – sie geben nie Anweisungen was getan werden muss, sondern versuchen den Anrufer selbst eine Lösung zu finden. Aber manche Fälle nimmt sie doch vom Büro mit nachhause. Sie erinnert sich an einige unvergessliche Gespräche, die sie sehr berührt haben. Und dennoch sagt sie: „Ich möchte mich nie so sehr abgrenzen können dass mir nichts mehr nahe geht, weil mir dann diese Menschlichkeit und Empathie fehlen würde, die es gerade bei diesem Job braucht.“
Buch-Gewinn
Elke Prochazka hat gemeinsam mit ihren „Rat auf Draht“-Kollegen Susanne Lindl und Konrad Wirnschimmel den Eltern- und Lehrerratgeber „Erfolgreich durch die Schulzeit“ geschrieben. Medieninsider.at verlost 3 Exemplare von „Erfolgreich durch die Schulzeit“ aus dem Ueberreuter Verlag. Senden Sie eine Mail mit dem Betreff „Rat auf Draht“ und ihrer Adresse an gewinn@medieninsider.at. Viel Glück!
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