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Neustart für die Wiener Stadtschwarzen? Dieser Tage plakatiert die Wiener ÖVP größflächig in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Der neue designierte Parteiobmann der Schwarzen in Wien verspricht einen Neustart. Wie dieser aussehen soll und wie die Kampagne wirkt, hat Arik Kofranek herausgefunden.
Es ist ein Wechselbad der Gefühle, das einen überkommt, wird man mit einem Exemplar dieses Werbeplakates konfrontiert. Zugegeben, eine möglicherweise übertriebene Beschreibung, aber durchaus angemessen. Man versetze sich in folgende Lage: Es ist Montag Abend. Nach einem langen Tag begibt sich ein geschaffter Jungjournalist auf seinen Nachhauseweg. Als er in der Straßenbahn damit kämpft seiner Müdigkeit nicht zu erliegen, fällt sein Blick aus dem Fenster auf eines der zahlreichen Kleinplakate, die die ÖVP-Wien kürzlich auf Stationsflächen im öffentlichen Verkehr montieren ließ. Er erschrickt. Plötzlich trifft ihn der durchdringende Blick dieses Stadtrates. Es ist ein energischer Blick, ein Blick der irgendetwas sagen möchte. Es fällt dem Autor zum damaligen Zeitpunkt wie heute äußerst schwer zu benennen, was dieser Blick wohl bedeuten mag. Zumindest ist klar, es ist der Blick eines Stadtrates der ÖVP-Wien mit dem Namen Manfred Juraczka, soviel verrät das Plakat. Als er den Werbeträger weiter analysiert fällt ihm ein Stück Text auf, das ihn hoffen lässt es werde doch Aufschluss geben. Nach mehrmaligem Anlauf jene Textpassage sinnvoll zu erfassen wird ihm jedoch diese Hoffnung zunichte gemacht. „Werden wir 2012 ganz sicher erreichen: Sie.“, steht da geschrieben, so, als ob es besonders tiefsinnig wäre. Viel Zeit zum Überlegen bleibt nicht, als sich die Bim wieder in Bewegung setzt. Dann: Lachen. Verwirrung. Kopfschütteln.
Doch wer ist dieser unbekannte Stadtrat, der nun an der Spitze der Wiener Schwarzen steht? Manfred Juraczka blickt auf eine recht kurze politische Karriere zurück. Erst seit September 2011 ist er im Wiener Stadtsenat tätig. Vor kurzem wurde er zum designierten Chef der Wiener ÖVP erkoren, im Februar soll er dann offiziell zum Parteiobmann gewählt werden.
Für die angeschlagenen Stadtpartei bedeuted Juraczka ein Neustart. Ein Neustart, den die Partei dringend nötig hat. Ein Neustart, den sie mit dieser Kampagne durchzusetzen versucht.
Es ist schwer nachzuvollziehen, wie die kreativen Köpfe hinter dem Sujet dachten. Für das angeknackste Ansehen der ÖVP in Wien ist es zweifelsohne essentiell, sich geschickt und sauber zu plazieren. Dazu gehört bestimmt auch, klare, sinnvolle Aussagen zu wählen. Aussagen, die plakativ und unmissverständlich formuliert eben jene Aussage transportieren, und nicht mehr. Mit „Werden wir 2012 ganz sicher erreichen: Sie.“ muss die Werbeagentur einen sprichwörtlichen Griff ins Klo verbuchen. Der Spruch klingt, als ob selbst die Partei, die ihn plakatiert, nicht von dessen Inhalt überzeugt wäre. Man könnte meinen, es sind verzweifelte Beschwichtigungsversuche einer Partei, die zu schüchtern ist um auf selbstbewusst zu tun. „Wir schaffen das schon: gute Umfragewerte“ oder „Ist ja alles nicht so schlimm“ könnten gute Mitstreiter im Rennen um den Einzug als Slogan in die neue ÖVP-Kampagne gewesen sein.
Obgleich die merkwürdige Formulierung auffällt, ist es doch etwas anderes an diesem Satz, das den versuchten Neustart der Kampagne ad absurdum führt: Der fehlende Inhalt. Möchte man eine Botschaft vermitteln, muss daran gedacht werden, dass sie eine relevante Aussage enthält. Die Kernaussage von Juraczka’s Slogan „Wir werden sie erreichen“ ist nicht mehr als eine Ankündigung, dass irgendwann einmal etwas getan wird. Der Neustart der ÖVP erweist sich also vorerst als falsch, ist er doch nur die Ankündigung zum Neustart. Denn mit diesem Slogan wurde ganz sicher noch kein Wähler überzeugt.