Die großen Boulevardmedien in Österreich (2)

Teil 2 der großen Medieninsider.at Boulevard-Reportage
Zerknüllte Zeitung / Foto: Medieninsider.at/Atefie Kronen Zeitung: 1900 gegründet, ist die Kronen-Zeitung, oft auch Krone genannt, heute Österreichs weitaus größte Zeitung. 42 % der Bevölkerung über 14 Jahren geben an sie tägich zu lesen. Das bedeutet, dass über 3 Millionen Österreicher dieses Medium täglich konsumieren. Gemäß der Bevölkerungszahl von etwa 8 Millionen ergibt sich eine Reichweite, deren Höhe (für eine einzelne Zeitung) internationaler Spitzenwert ist. Ebenfalls bemerkenswert ist der große Abstand, um den die Krone ihren Konkurrenzblättern voraus ist: Die zweitgrößte Zeitung des Landes, die Kleine Zeitung, erreicht nur 11,8 Prozent Reichweite.

Wofür das Phänomen Kronen-Zeitung vor Allem berühmt-berüchtigt ist, ist die enorme politische Einflussnahme, die die Zeitung in Österreich ausübt (siehe Teil 5 – Boulevardmedien und ihre Rolle in der Politik). Umstritten ist die Zeitung insbesondere für ihre subjektive Blattlinie die bis zum 17. Juni 2010 von Hans Dichand ausging (An jenem Tag stirbt der Gründer, Hälfteeigentümer, Herausgeber und Alleingeschäftsführer der Zeitung). „Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, rechte Töne prägen die Blattlinie der Krone und sprechen dem Volk offenkundig aus der Seele.“, beschreibt Harald Fidler in seinem Nachschlagewerk zur Österreichischen Medienlandschaft die Zeitung (siehe auch: Teil 3 – Erfolgsfaktoren des Boulevard).

Tageszeitung Österreich
2006 von den Gebrüdern Fellner (Wolfgang Fellner und Helmuth Fellner), die bereits die marktbeherrschende Verlagsgruppe News gründeten, ins Leben gerufen, ist das Boulevardblatt als solches eine der wichtigsten Konkurrenten zur Kronen- Zeitung. Die Zeitung Österreich wird als Hybridmodell betrieben, das heißt, ein Teil der Zeitung wird gratis verteilt, während die vollständige Version verkauft wird.
Wodurch sie besonders auffällt, ist die übermäßige Verwendung von Bildinhalten und häufig erscheinende, die Zeitung belastende, gerichtliche Beschlüsse aufgrund zweifelhafter journalistischer Methoden (siehe auch: Teil 4 – Methoden des Boulevard). Optisch ähnelt das Blatt stark der deutschen Bild-Zeitung, die sich ähnlicher, jedoch oft sehr viel drastischerer Arbeitsweisen bedient. Wolfgang Fellner selbst weist meist entschieden zurück, seine Zeitung Österreich sei Boulevard. Vor Erscheinen der Erstausgabe kündigte er sogar eine Qualitätszeitung an.

Symbolbild Gratiszeitung Heute und Tageszeitung Österreich
Symbolbild Gratiszeitung Heute und Tageszeitung Österreich

Gratiszeitung Heute
2004 entstand das als U-Bahn-Zeitung bekannte Medium als Wiederaufnahme eines zuvor gescheiterten Gratiszeitungsprojekts, des ehemals unter der Fehde von Hans Dichand stehenden U-Bahn-Express. Geschäftsführerin und Herausgeberin ist Eva Dichand, Schwiegertochter von Hans und Ehefrau von Krone-Chefredakteur Christoph Dichand.

Der Mediamil-Komplex
Die Kronen-Zeitung formt mit dem Kurier 1988 die Mediaprint, jenen marktbeherrschenden Zeitungskonzern in dem Druck, Vertrieb, Anzeigen und Verwaltung der beiden Zeitungen zusammengelegt werden. „Regie beim Zusammenschluss von Krone und Kurier führte die deutsche WAZ-Gruppe, die sich gerade an beiden Zeitungen beteiligt hatte.“ „Verschärft wurde die marktbeherrschende Stellung der Mediaprint 2001, als der Kurier seine Magazingruppe ZVB um profil und trend, die Nummer zwei im Markt, in die Verlagsgruppe News einbrachte, die schon damals den Zeitschriftenmarkt dominierte. Mediaprint-Gesellschafter Kurier beteiligte sich bei der Gelegenheit mit 25,3 Prozent an dem vereinigten Magazinriesen. Ein Doppelmonopol, das Zeitungs- und Magazinmarkt beherrscht.“ Der im Zuge dieser Fusionierungs- und Beteiligungsvorgänge entstandene Medienkomplex wird Mediamil-Komplex genannt, ein Begriff den Armin Thurnher, Chefredakteur der Wochenzeitung Falter, in jenem Medium prägte. Der Bezeichnung als Medienmonopol wird die
Mediaprint gerecht: Laut 2008 erfasster Media-Analyse, konsumieren 70 % der Österreicher ab 14 Jahren regelmäßig zumindest eine Publikation des Mediamil- Komplexes.

Und das erwartet Sie in den folgenden Werktagen:

  • Erfolgsfaktoren des Boulevardjournalismus
  • Methoden des Boulevard
  • Gefahren und negative Effekte
  • Boulevardmedien und ihre Rolle in der Politik
  • Boulevardjournalismus in Funk und Fernsehen
  • Nachwort

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